Was steckt hinter dem Strahlemann John F. Kennedy? Der Popstar der Politik unter der Lupe.
Autor: Felix Münger
28.05.2017, 03:40
John F. Kennedy wäre am 29. Mai 2017 100 Jahre alt geworden. Er war zu Lebzeiten ein Mythos. Als der 35. Präsident der Vereinigten Staaten 1963 mit erst 46 Jahren einem Attentat zum Opfer fiel, war das für viele ein gewaltiger Schock – in den USA und weit darüber hinaus.
Mit den Schüssen von Dallas am 22. November 1963 schien die Zukunftshoffnung zu sterben, die Verkörperung eines neuen, «guten» Amerika. Dieses Image verdankte JFK zu einem guten Teil einer perfekt arbeitenden PR-Maschinerie.
Mythos 1: Mit jugendlicher Kraft in die Zukunft
![60 Jahre Kennedy- Attentat - JFK: Die strahlende und die dunkle Seite des US-Präsidenten (1) 60 Jahre Kennedy- Attentat - JFK: Die strahlende und die dunkle Seite des US-Präsidenten (1)](https://i0.wp.com/www.srf.ch/static/cms/images/960w/75f48c.jpg)
Legende: 12. August 1962: JFK sitzt an Bord der US Coast Guard Yacht Manitou vor der Küste von Maine. Reuters
Kennedy sah gut aus. Seine Vorgänger im Oval Office – Eisenhower, Truman oder Roosevelt – wirkten im Vergleich zu ihm wie Greise. Bei Amtsantritt war JFK nur gerade 44-jährig. Auf zahllosen Fotos stellte er seine Jugend gerne zur Schau. Das legendäre TV-Duell im Wahlkampf gegen seinen Konkurrenten Nixon gewann er vor allem dank seiner telegenen Ausstrahlung.
In Wirklichkeit kämpfte Kennedy seit der Jugend mit seiner Gesundheit. Er litt an schweren Rückenproblemen und musste ein Korsett tragen. Er hatte Allergien und eine Nierenkrankheit. Die Medikamente, die er einnahm, zeigten schwere Nebenwirkungen. Der Präsident dopte sich mit Pillen gegen Erschöpfung und Depressionen.
Mythos 2: Ein Mann wie du und ich
![60 Jahre Kennedy- Attentat - JFK: Die strahlende und die dunkle Seite des US-Präsidenten (2) 60 Jahre Kennedy- Attentat - JFK: Die strahlende und die dunkle Seite des US-Präsidenten (2)](https://i0.wp.com/www.srf.ch/static/cms/images/960w/edbc45.jpg)
Legende: JFK an Halloween 1963 mit seinen Kindern im Oval Office. Getty Images
Kennedy nutzte die Macht der Bilder auch, um eine scheinbare Intimität mit dem Volk zu schaffen. Legendär sind Schwarz-Weiss-Fotos, auf denen sich JFK im Oval Office mit seinen Kindern Caroline und John Junior als fürsorglicher Vater ablichten liess. Auch liess er Filme veröffentlichen, die ihn mit seiner Familie zeigten – auf einem Ausflugsschiff etwa oder beim albernen Spiel mit Tieren.
- Hinweis auf einen verwandten Artikel: Kennedy im Dokumentarfilm Der Dokumentarfilmer Robert Drew filmte JFK im Weissen Haus. Der Film «Crisis» trug erheblich zum Mythos Kennedy bei. 29.05.2017 Mit Video
Diese Bilder liessen vergessen, dass Kennedy aus einer reichen und stark privilegierten Familie stammte, einer bedeutenden Politiker-Kaste. Dies bot ihm seltene Karrieremöglichkeiten. Viele Familienmitglieder vor und nach ihm spielten in der amerikanischen Politik eine wichtige Rolle.
Mythos 3: Der perfekte Ehemann
![60 Jahre Kennedy- Attentat - JFK: Die strahlende und die dunkle Seite des US-Präsidenten (4) 60 Jahre Kennedy- Attentat - JFK: Die strahlende und die dunkle Seite des US-Präsidenten (4)](https://i0.wp.com/www.srf.ch/static/cms/images/960w/555358.jpg)
Legende: Jackie und John F. Kennedy spielen Tennis. Aufnahme zw. 1950 und 1959. Getty Images
Seine Frau Jackie Kennedy war die ideale Ergänzung des Images, das der Präsident von sich pflegte. Die attraktive und stilvolle Ehefrau verhalf seinem Ansehen zu zusätzlichem Glanz. Die beiden bildeten nach aussen das perfekte und royale Paar.
- Hinweis auf einen verwandten Artikel: Mehr als nur First Lady Jackie Kennedy war eloquent, gebildet, ihr Strahlen ansteckend. Sie trug erheblich dazu bei, dass ihr Jack die Präsidenschaft gewann. 14.10.2015 Mit Video
Dass sich der Präsident unzähligen ausserehelichen Eskapaden hingab, erfuhr die Öffentlichkeit erst lange nach seinem Tod. Auch dass seine Affären sogar dazu führten, dass das FBI einschritt – etwa als sich der höchste Amtsträger der USA mit der Geliebten eines Mafiabosses einliess.
Mythos 4: Der Kommunistenbezwinger
![60 Jahre Kennedy- Attentat - JFK: Die strahlende und die dunkle Seite des US-Präsidenten (6) 60 Jahre Kennedy- Attentat - JFK: Die strahlende und die dunkle Seite des US-Präsidenten (6)](https://i0.wp.com/www.srf.ch/static/cms/images/960w/7dfa7d.jpg)
Legende: JFK an seinem Schreibtisch, kurz nachdem er die Proklamation zur Kuba Krise unterschrieben hatte. Keystone
Kennedys politisches Bravourstück war die friedliche Beilegung der Kubakrise 1962. Um ein Haar wäre es zum Atomkrieg und damit zum nuklearen Holocaust gekommen, nachdem die Sowjets auf Kuba Raketen stationiert hatten. Kennedy reagierte mit einer Blockade um die Zuckerinsel und die Sowjets zogen ab. Kennedy galt als Bezwinger des verhassten Feindes.
Was erst später bekannt wurde: Kennedy hatte den Sowjets im Geheimen zugesichert, seinerseits amerikanische Atomraketen aus der Türkei abzuziehen. Dies war das entscheidende Zugeständnis, das die Sowjetunion am Ende einlenken liess.
Mythos 5: Der Friedensbringer
![60 Jahre Kennedy- Attentat - JFK: Die strahlende und die dunkle Seite des US-Präsidenten (7) 60 Jahre Kennedy- Attentat - JFK: Die strahlende und die dunkle Seite des US-Präsidenten (7)](https://i0.wp.com/www.srf.ch/static/cms/images/960w/d8831a.jpg)
Legende: 29. Juni 1963: John F. Kennedy wird von Kindern und Nonnen des «Convent of Mery» in Dublin begrüsst. Keystone
Kennedy sprach sich international für Dialog und Verständigung aus. Im Herzen war er jedoch ein überzeugter Antikommunist und damit ein Kind seiner Zeit. So schien er der damals gängigen Domino-Theorie anzuhängen, wonach der Ausbreitung des Kommunismus militärisch Einhalt zu gebieten sei. Ansonsten falle irgendwann die ganze Welt dem Kommunismus in den Schoss.
- Hinweis auf einen verwandten Artikel: Geheimplan «Operation Northwoo John F. Kennedy verweigert seine Unterschrift und verhindert eine Katastrophe 13.03.2017
Als das kapitalistische Südvietnam von kommunistischen Kräften unter Druck geriet, war Kennedys Haltung unklar. Zwar befahl er kein massives militärisches Eingreifen in Vietnam, wie es später sein Nachfolger Johnson tat.
Falsch ist es aber zu behaupten, Kennedy habe den Krieg um jeden Preis verhindern wollen: JFK verstärkte die Militärhilfe für Südvietnam, entsandte Militärberater und Kriegsgerät und stimmte auch dem Einsatz von Napalm und Entlaubungsmitteln zu.
Mythos 6: Das Opfer dunkler Mächte
![60 Jahre Kennedy- Attentat - JFK: Die strahlende und die dunkle Seite des US-Präsidenten (9) 60 Jahre Kennedy- Attentat - JFK: Die strahlende und die dunkle Seite des US-Präsidenten (9)](https://i0.wp.com/www.srf.ch/static/cms/images/960w/dff651c.jpg)
Legende: Der Sarg von Präsidenten John F. Kennedy im Ostsaal des Weissen Hauses am 23. November 1963. Reuters
Um den Kennedy-Mord im November 1963 ranken sich bis heute unzählige Mythen und Verschwörungstheorien. Gemeinsam ist diesen, dass sie alle behaupten, Kennedy sei nicht das Opfer eines Einzeltäters gewesen, sondern Opfer eines Mordkomplotts: Mafia, CIA, Kubaner, Sowjets.
Je dunkler die Verschwörung ist, desto heller leuchtet Kennedys Stern. Fakt ist, dass sich bis heute keine der Verschwörungstheorien erhärten liess, auch wenn die Einzeltäter-Theorie tatsächlich Fragen offen lässt.